Zeitungsbericht in der Nürtinger Zeitung vom 08. Februar 2012

Treffen mit Stein gewordenen Lebewesen

Im Forum Türk sind seit Sonntag Werke von Konrad Schlipf und Michael Helm zu sehen

„Menschenbilder“ stehen im Mittelpunkt einer Ausstellung, die am Sonntagvormittag mit einer Vernissage in den Räumen des Nürtinger Forums Karl Heinz und Ilse Türk ihren Anfang nahm. Skulpturen des Reutlinger Bildhauers Konrad Schlipf sowie Malarbeiten, Zeichnungen und Radierungen des ehemaligen Graphik-Dozenten der Freien Kunstschule in Nürtingen, Michael Helm, korrespondieren in der lichtdurchfluteten Galerie in der Sigmaringer Straße.

Vernissage Helm und Schlipf

Nach der Begrüßung durch die Vereinsvorsitzende Els Junginger gab die Tübinger Kunsthistorikerin Dr. Barbara Lipps-Kant eine kurze Einführung in das Werk der beiden ausstellenden Künstler. Einer davon, Michael Helm, ist in Nürtingen kein Unbekannter. Von 1979 bis 2000 war er an der von Ilse und Karl Heinz Türk gegründeten Freien Kunstschule Nürtingen als Dozent für Druckgraphik tätig, bevor er nach Schwäbisch Gmünd übersiedelte, wo er heute lebt und arbeitet.

„Namen, die keiner mehr kennt“ – in der Nürtinger Ausstellung sind sie auf kleine Steine geschrieben und liegen wie bleischwere Unterschriften unter einer Serie von 60 (!) in Öl auf Karton gemalten Abbildern alter Fotografien von Menschen, die vor einem Jahrhundert in der Umgebung gelebt hatten und durch die Handlanger des hier von 1933 bis 1945 herrschenden organisierten Verbrechertums vertrieben oder ermordet wurden.

Helm, 1947 in Radolfzell geboren, habe, wie Dr. Barbara Lipps-Kant in ihren Ausführungen erwähnt, schon früh einen Zug zur Kunst empfunden, kam Mitte der 70er-Jahre als Schüler nach Nürtingen zu dem, wie die Laudatorin betonte, als Geistesverwandten empfundenen K. H. Türk, der ihn wenig später mit dem Lehrauftrag für die Grafikklasse betraute. Schon damals machte Michael Helm mit einer Verknüpfung seiner künstlerischen Tätigkeit mit humanistischen und politischen Gesichtspunkten auf sich aufmerksam, wie sie auch in der aktuellen Ausstellung unmittelbar ins Auge fällt, sofern man mit der Ikonographie des 20. Jahrhunderts vertraut ist.

1959 in Reutlingen geboren, wurde der heute in Metzingen lebende Bildhauer Konrad Schlipf durch zahlreiche Ausstellungen und Steinbruchsymposien im In- und Ausland bekannt. Die Erforschung archaischer, vor allem weiblicher Körperformen, ist das große Thema seiner Arbeit und findet überwiegend in der Darstellung von Torsi und Muscheln seinen Ausdruck. Doch auch Grundgestalten der den Menschen umgebenden Natur wie Muscheln, Schnecken oder in Stein gehauene Holzstücke finden sich auf Sockeln, die die steingewordenen „Lebewesen“ dem Betrachter meist auf Augenhöhe begegnen lassen.

Dabei pflegt Konrad Schlipf, was Dr. Barbara Lipps-Kant nicht zu erwähnen vergaß, nicht wie viele seiner Bildhauerkollegen eine sozusagen „monogame“ Beziehung zu „seinem“ Stein, sondern, und das macht einen Blick auf die ausliegende Preisliste, die sonst in der Berichterstattung keiner oder höchstens ganz am Rande einer Erwähnung für wert gehalten würde, in diesem Falle höchst interessant.

Denn selten tauchen auf einem solchen Dokument so viele Namen extraordinärer und ganz gewöhnlicher Steinearten auf. Da steht der eisenharte Diabas neben dem Jurakalk und der poröse Sandstein neben Granit, Dolomit oder Porphyr und vereinzelt findet sich sogar ein Stück Hartholz in der Liste der von Konrad Schlipf bearbeiteten Materialien.

In ihrer Einführungsrede wies die Kunsthistorikerin auch auf seine Verehrung für den Bildhauer Aristide Maillol hin, zieht eine als programmatisch für Schlipfs Arbeit zu verstehende Sentenz des Künstlers zu Rate, die hier wieder zitiert sein soll: „Ich gestalte, was mich bewegt: um zu verstehen, was mir unbegreiflich ist oder fremd; um zu bezeugen, was mir klar ist. Diese Arbeit macht mich glücklich und ist eine Quelle der Lebensfreude und Kraft für mich.“

Die Ausstellung ist bis zum 11. März an Samstagen sowie an Sonn- und Feiertagen jeweils von 14 bis 17 Uhr in der Galerie des Forums Ilse und K. H. Türk in der Sigmaringer Straße 14 (ehemaliges Verwaltungsgebäude der Firma Hauber) in Nürtingen zu besichtigen und endet mit einer Finissage am 11. März um 11.30 Uhr.

heb

Ausstellung im Forum

Menschenbilder

Bilder von Michael Helm und Skulpturen von Konrad Schlipf

Wieder haben sich zwei Künstler aus der Region zu einer Doppelausstellung zusammengefunden; beide haben das Bild des Menschen zum Thema.

Während der in Schwäbisch Gmünd lebende Michael Helm in seinen vielen kleinformatigen Portäts die Erinnerung an vergessene und drangsalierte Menschen aus den Dörfern und Städten der Region wiedererwecken will, arbeitet der Bildhauer Konrad Schlipf an einem idealisch überhöhten Menschenbild.

Michael Helm war von 1979 bis 2000 Dozent für Druckgrafik an der Freien Kunstschule Nürtingen FKN und arbeitet heute an den VHS Nürtingen und Schwäbisch Gmünd.

Helm - Bild

Michael Helm – Bild

Konrad Schlipf, geb. 1959 in Reutlingen, betreibt seine Werkstatt in Metzingen und wurde durch zahlreiche Ausstellungen und Steinbruchsymposien im In- und Ausland bekannt.

Seine großen Themen sind seit vielen Jahren die Darstellung von Torsi und die Erforschung archaischer Urformen. Viele seiner Werke sind Studien nach dem von ihm hochgeachteten Bildhauer Aristide Maillol.

Schlipf - Engel

Konrad Schlipf – Engel

Vernissage: Sonntag, 05. Februar 2012, 11.30 Uhr

Begrüßung: Els Junginger

Einführung: Dr. Barbara Lipps-Kant, Tübingen

Ausstellungsdauer: 05. Februar bis 10. März 2012

Öffnungszeiten: samstags imd sonntags  14 bis 17 Uhr

 

Finissage: Sonntag, 11. März 2012, 11.30 Uhr

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